Montag, 26. April 2010

Minus sechs

Herr und Frau Österreicher sind ja gemeinhin als sehr höflich bekannt. Bang auf die Erfüllung dieses Klischees hoffend verkünde ich mein Vorhaben, das Land der anonymen Kernöloholiker zugunsten des großen deutschen Nachbarns zu verlassen. Die größte Angst des Österreichers kommt umgehend zum Vorschein: "Also wennst so redst wie die Deitschn wennst zruckkummst, dann brauch ma des net." Ist DAS die berühmte österreichische Charmeoffensive? Nach diesem und ähnlichem schlauen Mautner-Markhof Senf über Germania glaubt meine morbide Seele nicht mehr an unterstützende Worte seitens meiner Landsleute. So verspüre ich wenig Erschütterung, als ich vernehme: "Husum? Wos? Des is a schworzes Loch, aber so a schworzes Loch!" Ursache dieser Annahme: Theodor Storm, berühmter Sohn der Stadt, hatte einst selbige als "graue Stadt am Meer" verbal liebkost. Zugegeben, zwischen grau und schwarz liegt ja doch nur eine winzige Nuance.

                    Die Stadt (Theodor Storm)

Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn Unterlaß;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei
Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.

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